§ 56Finanzsicherheiten, Zahlungs- und Abwicklungssysteme, Liquidationsnetting

(1) Die Stabilisierungsanordnung berührt nicht die Wirksamkeit von Verfügungen über Finanzsicherheiten nach § 1 Absatz 17 des Kreditwesengesetzes und die Wirksamkeit der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Zahlungsaufträgen, Aufträgen zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträgen zur Übertragung von Wertpapieren, die in Systeme nach § 1 Absatz 16 des Kreditwesengesetzes eingebracht wurden. Dies gilt auch dann, wenn ein solches Rechtsgeschäft des Schuldners am Tag der Anordnung getätigt und verrechnet oder eine Finanzsicherheit bestellt wird und der andere Teil nachweist, dass er die Anordnung weder kannte noch hätte kennen müssen; ist der andere Teil ein Systembetreiber oder Teilnehmer in dem System, bestimmt sich der Tag der Anordnung nach dem Geschäftstag im Sinne des § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes.

(2) Von der Stabilisierungsanordnung und ihren Wirkungen bleiben Geschäfte, die den Gegenstand einer Vereinbarung über das Liquidationsnetting im Sinne von § 104 Absatz 3 und 4 der Insolvenzordnung bilden können, sowie Vereinbarungen über das Liquidationsnetting unberührt. Die aus dem Liquidationsnetting resultierende Forderung kann einer Vollstreckungssperre und, im Rahmen des nach Absatz 1 Zulässigen, auch einer Verwertungssperre unterworfen werden.


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§ 56 nimmt bestimmte Rechtsgeschäfte im Interbankenverkehr und Verrechnungsgeschäfte im Rahmen von Nettingvereinbarungen von den Wirkungen der Stabilisierungsanordnung aus. Entsprechende Privilegierungen sehen § 44 Abs. 3 und § 21 Abs. 2 S. 2 und 3 InsO vor. Die Sonderregelungen gehen zurück auf die Finanzsicherheitenrichtlinie 2002/47/EG und die Finalitätsrichtlinie 1998/26/EG. Sie dienen der Gewährleistung des freien Dienstleistungs- und Kapitalmarktverkehrs im Interbankenverkehr und der Stabilität der Finanzmärkte (HmbKommRestR/Undritz/Knof, StaRUG, § 56 Rn. 3). Der Wirksamkeit dieser Geschäfte wird deshalb Vorrang vor den Wirkungen einer Stabilisierungsanordnung und den Sicherungsmaßnahmen nach § 21 Abs. 1 InsO eingeräumt. Außerhalb des Interbankenverkehrs kommt diesen Bestimmungen keine relevante praktische Bedeutung zu.

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Die Bestimmung privilegiert Verfügungen über Finanzsicherheiten im Sinne von § 1 Abs. 17 KWG und bestimmte Verrechnungen im Interbankenverkehr, indem diese von den Wirkungen der Stabilisierungsanordnung ausgenommen werden (HmbKommRestR/Undritz/Knof, StaRUG, § 56 Rn. 4). Das herkömmliche Kreditgeschäft mit den dort üblichen Kreditsicherheiten, wie etwa Sicherungsübereignungen, Globalzessionen und Grundpfandrechte, wird hingegen von Abs. 1 nicht erfasst (MüKo-InsO/Haarmeyer/Schildt, § 21 Rn. 104; Uhlenbruck/Vallender, § 21 Rn. 39).

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Dies folgt aus der Definition der Finanzsicherheiten in § 1 Abs. 17 KWG (vgl. zum Folgenden Kieper, ZInsO 2003, S. 1109). In sachlicher Hinsicht erfasst sind Barguthaben, Wertpapiere, Geldmarktinstrumente sowie Schuldscheindarlehen einschließlich sämtlicher damit in Zusammenhang stehender Rechte oder Ansprüche. In personaler Hinsicht setzt das Vorliegen einer Finanzsicherheit voraus, dass beide Vertragsparteien öffentlich-rechtliche Körperschaften (mit bestimmten Ausnahmen), Zentralbanken oder supranationale Körperschaften, beaufsichtigte Finanzinstitute oder zentrale Vertragsparteien, Verrechnungsstellen, Clearingstellen oder vergleichbare Einrichtungen sind, die einer Aufsicht nach dem Recht eines Mitgliedsstaates unterliegen und für Terminkontrakt-, Options- und Derivatenmärkte fungieren. Der personale Geltungsbereich erstreckt sich ferner zwar auch auf juristische Personen, Einzelkaufleute oder Personengesellschaften. Weitere Voraussetzung von § 1 Abs. 17 KWG ist indes, dass die dort genannten Sicherheiten eine Verbindlichkeit im Sinne von § 1 Abs. 17 S. 2 KWG sichern. Hierbei handelt es sich um Verbindlichkeiten aus Rechtsgeschäften, die sich auf Finanzinstrumente iSv § 1 Abs. 11 KWG beziehen oder deren Anschaffung und Finanzierung zum Gegenstand haben. Jedenfalls an dieser Voraussetzung wird es außerhalb des Interbankenverkehrs in aller Regel fehlen.

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Abs. 2 S. 1 stellt sicher, dass Vereinbarungen über das Liquidationsnetting iSv § 104 Abs. 3 und 4 InsO und Geschäfte, die Gegenstand einer solchen Vereinbarung sein können, von einer Stabilisierungsanordnung und deren vertraglichen Wirkungen unberührt bleiben. Adressiert sind die in § 104 Abs. 1 InsO definierten Warentermin- und Finanzgeschäfte, die einen ermittelbaren Markt- oder Börsenpreis haben, und deren Erfüllung vereinbarungsgemäß zu einem bestimmten Termin oder innerhalb einer bestimmten Frist erfolgen muss. Derartige Termingeschäfte vertragen nach Ansicht des Gesetzgebers keine Ungewissheit im Hinblick darauf, ob sie durchgeführt werden (zu § 63 RegE-StaRUG BT-Drs. 19/24181, S. 158). Gemäß § 104 Abs. 3 InsO kann eine Mehrzahl derartiger Geschäfte in einem Rahmenvertrag als einheitliches Geschäft mit der Maßgabe zusammengefasst werden, dass dieses Geschäft bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen einheitlich beendet wird (sog. Close-Out- oder Liquidationsnetting). § 104 Abs. 4 InsO definiert den Gestaltungsspielraum der Parteien des Netting-Vertrages. Die als Einheit zusammengefassten Einzelgeschäfte und die vertragliche vereinbarten Modalitäten des Liquidationsnetting bleiben von der Stabilisierungsanordnung, wie nach § 21 Abs. 2 S. 3 InsO auch von der Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nach § 21 Abs. 1 InsO, unberührt.

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Die nach vertragsgemäßer Beendigung der Einzelgeschäfte aus dem Liquidationsnetting resultierende Forderung kann ihrerseits, wie Abs. 2 S. 2 klarstellt, einer Vollstreckungssperre unterliegen und, sofern sie nicht nach Abs. 1 privilegiert ist, auch Gegenstand einer Verwertungssperre sein.

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